Beethoven Sinfonie No.9: Festkonzert 35 Jahre Friedliche Revolution
Mit Wolf Biermann am 9. Oktober 2024
Leipzig konnte ein besonderes Konzert zum Jubiläum der Friedlichen Revolution am 9. Oktober 2024 erleben: Ein traditionsreicher, geschichtsträchtiger Moment wurde in der Peterskirche lebendig. Chefdirigent Prof. Dr. Michael Koehler, auch Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins „Philharmonie Leipzig“ als Träger des Orchesters, ist Initiator der jährlichen, seit 2014 stattfindenden Konzertreihe und sagt über dieses Konzert: „Wir haben für diesen Abend mit der 9. Sinfonie von Beethoven das Werk auf dem Programm, das Leonard Bernstein mit dem neuen Text „Freiheit, schöner Götterfunken“ 1989 in Berlin zum Fall der Berliner Mauer aufführte.“
Die Leipziger Philharmoniker konnten im Jahr 2024 mit großer Freude den Zeitzeugen Wolf Biermann gewinnen, der diesen Abend mit seiner Festrede und Liedern eröffnet hat. Biermann bezeichnet sich selbst als deutsch-deutschen Liedermacher und Lyriker und hat zur deutschen Geschichte eine besondere Position: er wurde im Jahr 1976 aus der DDR ausgebürgert, was damals zu großen gesellschaftlichen Spannungen führte. Deshalb war es besonders beeindruckend, ihn live in der Peterskirche zu erleben.
Er sagt: „Eine unvollkommene Demokratie ist tausendmal besser als sogar eine vermeintlich kommode Diktatur.“ Weiter sagte er in einem Interview in der ZEIT: „Wenn ich heute durch meinen Kiez in Berlin-Mitte schlendere oder das ehemals verrottete Halle besuche, das einst sieche Dresden sehe oder durch das früher verödete Leipzig laufe, dann krieg ich jedes Mal einen Glücksschock. Und natürlich sind inzwischen die meisten Menschen aufgeblüht und nicht mehr verbiestert in falschem Ossi-Hoffen auf ein westliches Schlaraffenland.“
In Erinnerung an den Herbst ’89 waren es besonders die Leipziger Bürger, die den friedlichen Verlauf der Revolution ermöglichten. Für alle Leipziger, die das Gedenken an diesen besonderen Herbst erleben wollen, haben wir als Leipziger Philharmoniker dieses besondere Konzert präsentiert. Und Beethoven gab uns das Rezept für eine Revolution: Nur mit Freude können wir wie die Götter eine Revolution erleben.
Der Chor der Oper Halle, der Kinder- und Jugendchor der Oper Halle sowie der Gesangverein zu Langenbernsdorf aus dem Vogtland haben eindrucksvoll Schillers „Ode an die Freude“ intoniert und den Konzertabend mit Beethovens Freudenjubel beschloßen. Michael Koehler dazu: „Mit dem Schlusschor aus Schillers Ode „An die Freude“ ist Beethovens 9. Sinfonie eine respektvolle Würdigung und Ehrung für die vielen Tausend, die seinerzeit in Leipzig und dem Vogtland mutig auf die Straße gegangen sind. Seit 2014 beteiligen wir uns auch jährlich aktiv am Gedenken an den 9. Oktober 1989. Dieser Tag wird unterschiedlich gewürdigt und begangen. Unser Beitrag ist es, zusätzlich zur Aufführung der 9. Sinfonie von Beethoven unterschiedliche Zeitzeugen versöhnlich einzubinden.“
Gerade Kurt Masur hatte im Herbst ´89 alle unterschiedlichen Akteure zu einem Dialog in Leipzig zusammengeführt und somit eine friedlichen Herbst erreichen können. Die Altistin Carolin Masur hat traditionell an diesem Abend als Solistin mitgewirkt.
Die Botschaft des Schlusschores „Alle Menschen werden Brüder“ erschien den Leipziger Philharmonikern in den vergangenen Konzerten meist so relevant wie bei der Uraufführung im Jahr 1824. Michael Koehler sagt dazu: „In unserer besonderen Zeit ist die Botschaft von Beethoven und Schiller wichtiger denn je. Nur wenn wir unsere Mitmenschen als Brüder erleben, können wir menschlich miteinander leben. Hier gibt es kein Gut und Böse oder Schwarz und Weiss, sondern wir müssen als Brüder alle zusammen leben. Das ist die wahre Revolution!“
Menschen mit unterschiedlichen persönlichen und politischen Wurzeln leben heute miteinander zusammen, haben die Wende geprägt und das heutige Deutschland gemeinsam gestaltet.
Fotos: Konrad Stöhr